Seit 2006 leidet eines unserer Rosenköpfchen an EMA.
Doch was ist EMA überhaupt?
EMA bedeutet Ekzema Melopsittacus et Agapornis, was übersetzt heißt: Ekzem der
Wellensittiche und Agaporniden. Bei diesen beiden Arten tritt die Erkrankung am
häufigsten auf. Allerdings werden in den letzten Jahren auch vermehrt Fälle bei
Nymphensittichen bekannt. Großpapageien sind von dieser Erkrankung nicht ganz
so häufig betroffen.
Bei EMA verdicken sich manche Hautpartien, diese verursachen dann einen starken
Juckreiz. Vorwiegend findet man diese Verdickungen im Flügelwinkel, aber auch der
Brust- oder Beinbereich sowie die Rücken-, Schulter-, und Bürzelpartie kann
betroffen sein. Durch den übermäßigen Juckreiz benagen die Tiere meist diese
Stellen, infolge dessen sie sich entsprechende offene und häufig stark blutende
Wunden zufügen. Diese Wunden verursachen dann wiederum starke Schmerzen.
Insbesondere Vögel, die sich die Flügelwinkel aufbeißen, stellen aufgrund der
Schmerzen schnell ihre Flugtätigkeit ein. Durch das ständige Beißen entsteht im
Laufe der Zeit massives Narbengewebe und dieses führt nicht selten im Verlauf der
Erkrankung zur völligen Flugunfähigkeit, da die Haut an den entsprechenden Stellen
nicht mehr dehnbar ist.
Wodurch EMA genau entsteht, ist abschließend nicht geklärt, allerdings gibt es einige
Vermutungen, wie diese Erkrankung ausgelöst wird. Zum einen wird vermutet, dass
EMA bei Vögeln ausbricht, die stark unter Stress stehen (z. B. nicht harmonierendes
Paar, Einzelhaltung usw.). Ferner wird ebenfalls eine Virusinfektion in Betracht
gezogen (z. B. PBFD - Psittacine Beak and Feather Disease). Auch allergische
Reaktionen auf bestimmte Futtermittel oder Umgebungsgegenstände stehen in
Verdacht.
Zumeist geht EMA auch mit organischen Schäden einher. Wie man aber deutlich
erkennt, gehen die Vermutungen weit auseinander. Ob und wann jemals genau
herausgefunden werden kann, was der Auslöser dieser überaus schlimmen
Erkrankung ist, steht noch in den Sternen.
Ein Ansteckungsrisiko für andere im Schwarm lebende Tiere besteht nach bisherigen
Erkenntnissen jedoch nicht. Bisher gibt es keinen bekannten Schwarm, wo nach
Auftreten des ersten EMA-Patienten, weitere Tiere mit denselben Symptomen
folgten.
Durch die selbst zugefügten Wunden nisten sich hier bevorzugt Bakterien und Pilze
ein (z. B. Staphylokokken, Aspergillus spp., Streptokokken, Klebsiellen usw.).
Hierdurch entstehen wiederum schwere und häufig eitrige Entzündungen, die
schwierig und langwierig zu behandeln sind.
Da die Ursache für EMA nicht bekannt ist, gibt es derzeit auch kaum Chancen für
eine Heilung. Dies bedeutet, dass die Tiere zumeist ihr Leben lang mit dieser
Erkrankung leben müssen. Je nach Schwere der Krankheit muss in manchen Fällen
auch ab gewägt werden, ob das Tier noch eine Lebensqualität hat.
Wichtig ist es bei erkrankten Tieren das Immunsystem zu stabilisieren und sie
möglichst wenig Stress auszusetzen.
Dennoch gibt es Tiere, die trotz EMA eine sehr gute und ausgewogene
Lebensqualität haben. Insbesondere bei den kleineren Arten wird hier häufig, in
Absprache mit einem vogelspezialisierten Tierarzt, eine Halskrause angelegt. Diese
dient dem Tier als Selbstschutz. Allerdings kommt nicht jeder Vogel mit einer solchen
Krause zurecht. Hier ist immer das Wohl des Tieres im Auge zu behalten. Das erste
Anlegen einer solchen Krause muss daher unbedingt von einem Tierarzt
vorgenommen werden. Zudem sollte das Tier danach 1-2 Tage in einem Transporter
untergebracht sein, da sein Gleichgewichtssinn gestört sein wird.
Wie bereits oben erwähnt, lebt unser Rosenköpfchen „Rudi“ seit 2006 mit dieser
Erkrankung. Es gab immer wieder Höhen und Tiefen. Meine persönlichen
Erfahrungen möchte ich gerne mit Ihnen teilen:
Rudi zog im Jahr 2005 gemeinsam mit einem Partnertier bei uns ein. Wie sich im
Laufe der Zeit herausstellte, handelte es sich bei beiden Tieren um Männchen.
Einige Monate nach dem Einzug zogen dann auch die ersten Rosenkopfdamen bei
uns ein und Rudi verliebte sich unsterblich in seine Poldi.
Warum bei Rudi dann im Jahr 2006 EMA ausbrach, kann ich bis heute nicht genau
sagen. Lag es an der anfänglich falschen Verpaarung mit dem anderen Hahn? Lag
es an seinem neuen sehr dominanten Weibchen? Waren es andere
Umwelteinflüsse?
Schnell wurde jedenfalls deutlich, dass mit Rudi plötzlich etwas nicht stimmte. Er flog
kaum noch, piepste nur noch selten, fraß schlecht und war unvorstellbar nervös.
Zur damaligen Zeit kannten wir uns noch nicht so gut hinsichtlich vogelspezialisierter
Tierärzte aus und wussten somit nicht, welcher tatsächlich gut ist und welcher nicht.
Also fuhren wir zu einem Tierarzt, der „angeblich“ auf Vögel spezialisiert war. Dieser
schaute sich Rudi an und war der Meinung, dass er einen bakteriellen Infekt im
Körper hat. Also bekam der kleine Kerl seine erste Antibiotikumspritze.
Tage vergingen und Rudis Zustand verschlechterte sich zusehends. Also fuhren wir
erneut zu dem Tierarzt. Ich berichtete ihm, dass meiner Meinung nach etwas mit
Rudis Flügeln nicht stimmt. Rudi wurde hieraufhin genauer untersucht. Hier fand man
dann die ersten zugefügten Wunden im Flügelwinkel. Der Tierarzt war nach wie vor
der Meinung, dass es sich um einen bakteriellen Infekt handelt und gab Rudi erneut
eine Antibiotikumspritze. Ferner verordnete er eine antibiotische Salbe, mit der ich
Rudi zwei Mal täglich die Wunden einreiben sollte.
Wieder vergingen Tage und Rudis Zustand wurde beängstigend schlecht. Er fraß so
gut wie nichts mehr, gab keinerlei Laute von sich und vegetierte regelrecht vor sich
hin. Aufgrund der Salbe war sein Gefieder innerhalb weniger Tage völlig verfettet.
Wir waren einfach nur noch verzweifelt. Also fuhren wir erneut zum Tierarzt. Er wollte
Rudi nun auch noch ein Antibiotikum oral verabreichen. Hier war dann der Punkt für
uns gekommen, wo wir wussten, dass da irgendwas falsch läuft. Ich wollte diesen
kleinen Vogelkörper einfach nicht mit noch mehr Antibiotikum belasten. Ich stellte
unverzüglich die Behandlung ein.
Nach umfangreichen Recherchen stießen wir am nächsten Tag auf einen der
bekanntesten Vogelspezialisten. Zwei Tage später bekamen wir einen Termin. Dort
war man über Rudis Zustand einfach nur entsetzt. Der Tierarzt fragte mich, was denn
die Hautabstriche ergeben hätten. Ich schaute ihn nur fragend an, denn das alles war
ja komplettes Neuland für mich. Nachdem ich sagte, dass keine gemacht worden
sind, wurden sofort die Hautabstriche nachgeholt. Nach nur 3 Tagen bekam ich
einen Anruf wonach ich unverzüglich mit Rudi in der Praxis vorstellig werden sollte.
Der Hautabstrich ergab, dass Rudi von oben bis unten voll mit Pilz (Aspergillus) saß
und das Antibiotikum diesem richtigen Nährboden zum wachsen geboten hat.
Ich sollte Rudi nun mit einem speziellen Pilzspray einsprühen. Sein Befall war aber
mittlerweile so massiv, dass das Spray keine Wirkung zeigte. Eine weitere Woche
später wurden wir erneut beim Tierarzt vorstellig. Rudi kämpfte mittlerweile wirklich
um sein Leben und ich hatte kaum noch Hoffnung.
Der Tierarzt verordnete nun eine hochdosierte Salbe, die gezielt aufgetragen werden
sollte sowie ein Pilzpräparat, welches oral eingegeben werden musste. Zusätzlich
bekam Rudi täglich Immun Stimulanzen. Der größte Schock für mich war die
Aussage des Tierarztes, dass ich mir Gedanken machen müsse, Rudi zu erlösen,
falls die Medikamente jetzt nicht anschlagen sollten. Für mich brach zunächst eine
Welt zusammen.
Die Medikamente waren dann doch glücklicher Weise der Schlüssel zum Erfolg.
Bereits nach 3 Tagen ging es Rudi deutlich besser. Er fing wieder an einen
gesunden Appetit zu entwickeln und unterhielt sich auch wieder mit den anderen
Rosenköpfen. Allerdings biss er sich nach wie vor die Flügelwinkel auf.
Bei einem erneuten Tierarztbesuch, etwa eine Woche später, war die Begeisterung
des Tierarztes groß. Er war der Meinung, dass Rudi nun das Schlimmste
überstanden hat. Aber es stand nach wie vor das Problem mit den zugefügten
Wunden im Raum.
Der Tierarzt war der Meinung, dass wir es mit einer selbstgebauten Halskrause
versuchen sollten. Rudi akzeptierte diese Krause innerhalb von wenigen Minuten.
Glücklich war er natürlich nicht damit, aber er wehrte sich auch nicht dagegen und
nahm ganz normal am Schwarmleben teil.
In den folgenden Monaten wurden noch diverse Untersuchungen vom Tierarzt
durchgeführt (Virentests, Blutkontrollen, mehrfache Hautabstriche,
Röntgenaufnahmen usw.). Leider blieben alle Untersuchungen bis heute ergebnislos.
Wodurch bei Rudi also EMA ausgelöst wurde wissen wir nicht.
Wir wissen nur, dass Rudi auch heute noch trotz seiner Halskrause ein
unbeschwertes Leben in unserem Schwarm führt und er nach wie vor mit der
Schwarmcheffin Poldi glücklich liiert ist. Er hat einen guten Stand im Schwarm und ist
sehr ausgeglichen. Meine anfängliche Angst, Rudi würde durch das tägliche
Einfangen eine Panik mir gegenüber entwickeln, hat sich als unbegründet erwiesen.
Rudi vertraut mir voll und ganz und ist einer meiner zutraulichsten Zwerge.
Rudi bekommt einmal wöchentlich von mir die Krause abgenommen, damit er sich
ausgiebig putzen kann. Hier springt er sogar freiwillig in den Kescher wenn ich ihm
ein spezielles Kommando gebe. An manchen Tagen ist Rudi dann sehr unruhig und
zappelig. Hier weiß ich dann schon, dass ich ihm nach nur wenigen Stunden erneut
einen Kragen anlegen muss. Es gibt aber auch Zeiten, wo er sehr entspannt ist und
auch einige Tage ohne Kragen auskommt. Aber es ist immer eine Gradwanderung.
Innerhalb von einer Stunde kann sich sein Zustand plötzlich wandeln und in genauso
kurzer Zeit fügt er sich dann wieder schwere Wunden zu. Während seiner
krausenfreien Zeit steht er fast permanent von uns unter Beobachtung. Sobald er
anfängt sich hektisch zu putzen, insbesondere im Bereich der Flügel, reagiere ich
sofort und er bekommt einen neuen Kragen angelegt.
Wir haben all die Jahre intensiv überlegt, geforscht und uns mit anderen EMA-Vogel-
Haltern ausgetauscht, aber bis heute haben wir die Ursache für den
Krankheitsausbruch nicht gefunden. Mittlerweile habe ich gelernt, mit Rudi und seiner
Erkrankung umzugehen. Ich glaube auch Rudi hat gelernt damit zu leben.
Ich denke, wir haben mit der Halskrause einen guten Weg gefunden, um Rudi
weiterhin ein glückliches Leben zu ermöglichen. Er fliegt, er badet, er füttert sein
Weibchen und beglückt diese auch noch auf andere Art. Auch Poldi ist eine große
Unterstützung für Rudi. Wenn er sich wegen der Krause an bestimmten Stellen nicht
putzen kann, übernimmt sie es für ihn.
Ich bin sehr glücklich darüber, dass mein Rudi ohne Probleme mit der Krause lebt,
ich weiß aber auch, dass dies nicht selbstverständlich ist. Wäre Rudi zum damaligen
Zeitpunkt nicht sofort so gut mit dem Kragen zu Recht gekommen, wäre ich den
letzten Schritt mit ihm gegangen um ihm weiteres Leid und weitere Schmerzen zu
ersparen.
Ich möchte hiermit allen EMA-Vogel-Haltern Mut machen. Auch EMA-Vögel können
ein glückliches und zufriedenes Leben führen. Wichtig ist immer, das Wohl des
Tieres im Auge zu behalten.